BVerfG fordert gerechtere Aufteilung von Betriebsrenten im Versorgungsausgleich
Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens werden die Rentenansprüche der Ehepartner im Wege der Durchführung des Versorgungsausgleichs aufgeteilt. Betroffen sind sämtliche Rentenansprüche, die die Ehepartner während der Ehezeit erworben haben. Diese sollen nach dem Willen des Gesetzgebers gerecht zwischen den beiden Ehepartnern verteilt werden.
Regelfall der Aufteilung gesetzlicher Rentenansprüche: Interne Teilung
Die Aufteilung der gesetzlichen Rentenansprüche vollzieht sich in der Regel innerhalb einer Rentenkasse, so dass nach der Scheidung jeder der Ehepartner einen eigenen Rentenanspruch gegenüber der gleichen Rentenkasse hat (interne Teilung). Gemäß § 9 Abs. 2 VersAusglG hat die interne Teilung grundsätzlich Vorrang vor der externen Teilung, bei der der ausgleichsberechtigte Ehepartner einen Rentenanspruch bei einem anderen Rentenversicherungsträger erwirbt.
Ausnahme im Versorgungsausgleich ist die externe Teilung
Die externe Teilung kann ein Versorgungsträger gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAuglG abweichend vom Grundsatz der internen Teilung in engen Wertgrenzen ohne die Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person ausnahmsweise verlangen.
In diesem Fall wird für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht bei einem anderen Versorgungsträger begründet, § 14 Abs. 1 VersAusglG. Gemäß § 17 VersAusglG kann der Versorgungsträger die externe Teilung ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten Person in deutlich höheren Wertgrenzen verlangen, wenn ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse (Betriebsrente) auszugleichen ist.
Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung des § 17 VersAusglG hat das Vorlagegericht zur Überprüfung durch das BVerfG gestellt.
Familiengericht hatte verfassungsrechtliche Bedenken gegen Art der Betriebsrententeilung
Grund für die Vorlage an das BVerfG: Die Praxis des Versorgungsausgleichs führt häufig zu einer Benachteiligung des Ehepartners, der nicht oder weniger gearbeitet und sich vorwiegend um Haushalt und Kinder gekümmert hat. In der Realität sind das immer noch häufiger die Ehefrauen als die Ehemänner. Diese Schieflage folgt insbesondere aus der Regelung des § 17 VersAusglG.
Benachteiligung als Folge niedriger Kapitalmarktzinsen
Die Begründung eines Betriebsrentenanspruches für den ausgleichsberechtigten Ehepartner bei einem externen Rententräger hat im Rahmen der erforderlichen Berechnung der Abzinsung und Kapitalisierung des an den externen Träger zu erbringenden Einzahlungsbetrages oft Nachteile: Sie hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass infolge des seit Jahren extrem niedrigen Zinsniveaus am Kapitalmarkt der ausgleichsberechtigte Ehepartner - häufig eben die Ehefrau - mit Renteneintritt deutlich weniger Rente ausgezahlt erhält als der ausgleichsverpflichtete Ehepartner, bezogen auf den ausgleichspflichtigen Betrag. Die realen Verluste beliefen sich auf bis zu 50 % bezogen auf die entsprechende Betriebsrente des anderen Ehepartners.
Betriebsrentenregelung ist verfassungskonform auszulegen
Das BVerfG hat nun entschieden, dass diese Regelungen zur Aufteilung der Betriebsrentenansprüche im Fall der Scheidung dennoch grundsätzlich verfassungskonform sind.
Dies gilt auch für die Regelung der externen Teilung nach § 17 VersAusglG, aber nur wenn die Regelung verfassungskonform ausgelegt wird. Für diese Fälle einer externen Teilung hat das BVerfG nun bestimmt, dass die Familiengerichte in jedem Einzelfall sicherstellen müssen, dass die in diesen Fällen faktisch am häufigsten benachteiligten Frauen einen angemessenen Rentenanspruch erhalten. Im Rahmen einer externen Teilung nach § 17 VersAusglG müssen die Gerichte künftig übermäßige Transferverluste verhindern. Nur so könnten die Grundrechte aller Beteiligten, insbesondere auch das gemäß Art. 14 GG geschützte Grundrecht auf Eigentum, das auch Rentenpositionen mit umfasst, gewahrt bleiben.
Benachteiligungsobergrenze für die Aufteilung der Betriebsrenten: 10 %
Das Gericht hat auch gleich die Grenze hinnehmbarer Transferverluste definiert: Maximal 10 % seien als Verlust hinnehmbar. Alles was darüber hinausgeht ist danach nicht mit der Verfassung nicht vereinbar und daher verfassungswidrig.
Folge ist eine komplexere Berechnung der Ausgleichswerte
Künftig müssen die Familiengerichte im Rahmen des Versorgungsausgleichs den Ausgleichswert für eine Betriebsrente bei der Begründung des Anrechts bei einem externen Versorgungsträger so bestimmen, dass die ausgleichsberechtigte Person keine unangemessene Verringerung ihrer Versorgungsleistungen zu erwarten hat. Der Betriebsrententräger seinerseits kann infolge hoher Ausgleichswerte entstehende Belastungen dadurch vermeiden, dass ihm in diesem Fall die Wahl der Beibehaltung der internen Teilung bleibt. Der Ausgleichsberechtigte hat hierbei kein Mitbestimmungsrecht.
Urteil des BVerfG steht im Widerspruch zu BGH-Entscheidung
Die jetzige Rentenentscheidung enthält eine indirekte Kritik des höchsten deutschen Gerichts an der Rechtsprechung des BGH, hatte dieser doch noch vor wenigen Jahren die gerichtliche Praxis der Betriebsrentenaufteilung im Rahmen des Versorgungsausgleichs für in jeder Hinsicht verfassungskonform erklärt (BGH, Beschluss v. 9.3.2016, XII ZB 540/14).
Rechte der Ausgleichsberechtigten im Ergebnis gestärkt
Mit dem Urteil stärkt das BVerfG faktisch vor allem die Rechte der Frauen bei einer Scheidung. Die Umsetzung des Urteils im einzelnen dürfte in der Praxis aber noch erhebliche Schwierigkeiten im Rahmen der korrekten Berechnung des Versorgungsausgleichs aufwerfen. Familienrechtsanwälte fürchten erhebliche praktische Probleme und gehen davon aus, dass in den betroffenen Fällen die Rentenberechnung ohne spezialisierte Rentensachverständige kaum noch möglich sein wird.
(BVerfG, Urteil v. 26.5.2020, 1 BvL 5/18).
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Damit dürfte auch klar sein, dass Beamtenpensionen von Landesbeamten aus Baden-Württemberg intern zu teilen sind - immerhin fordert das die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts seit 10 Jahren. Ministerpräsident Kretschmann sieht seit über 8 Jahren keine Notwendigkeit, den verfassungswidrigen Zustand durch ein entsprechendes Gesetz zu ändern.
Ich bin selbst betroffen, wollte aber eine Klage vermeiden.
Dietlinde Eder-Lehfeldt
Ludwigshafen