Auskunftspflicht zum Corona-Impfstatus kommt für weitere vulnerable Bereiche
Der Druck zur Corona-Impfung nahm schon durch die Corona-Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom 10.8.2021 zu. Kommt er nun verstärkt auch über den Arbeitsplatz?
Impf-Auskunftspflicht für die Bereiche der Kitas, Schulen und Pflegeheime
Vehement wurde insbesondere von Arbeitgeberseite eine Aufnahme einer allgemeinen Auskunftsverpflichtung in die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung gefordert. So meint die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) eine Auskunftspflicht sei für den Infektionsschutz am Arbeitsplatz unverzichtbar. Arbeitgeber sollten wissen, wer geimpft ist, etwa um zu entscheiden, ob und wie in Großraumbüros gearbeitet werden könne und oder Besprechungen in Präsenz stattfinden könnten.
Impf-Auskunftspflicht für Medizinbereich wird auf Schule, KITA und Pflege ausgedehnt
Die Regierung passte die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung am 1. September 2021 an. Eine Verpflichtung der Arbeitnehmer, ihren Impfstatus offenzulegen, enthielt die neue Arbeitsschutzverordnung, die bis Ende November verlängert wurde, nicht. Unternehmen sollen bei den Schutzmaßnahmen lediglich den Impfstatus berücksichtigen, falls sie ihn kennen.
Fachminister uneinig über Auskunftspflicht zum Impfstatus
Die betroffenen Fachministerien Justiz, Gesundheit und Arbeit schwankten , ob und in welchem Umfang eine solche Pflicht rechtlich verankert werden können.
Es betrifft einerseits Grundrechte in einem sensiblen Bereich und den Datenschutz, andererseits die Interessen der Allgemeinheit und den Gesundheitsschutz, der allerdings in letzter Zeit oft "Vorfahrt" hatte, gelegentlich rechtlich angreifbar, wie Gerichtsentscheidungen befanden.
Immer öfter wird zwar der Vergleich zur Abfrage im Restaurant oder bei Kulturveranstaltungen herangezogen, allerdings ist im Arbeitsrecht der Schutz der Vertragsseite der Arbeitnehmer ein anderer und die Spezialregelung zur Auskunftspflicht für den medizinischen Bereich (§ 23a Satz 1 IfSG) gilt nicht analog. Laut § 23a IfSG dürfen Arbeitgeber in Kliniken, Arztpraxen und Pflegediensten ihre Angestellten nicht nur nach ihren Impfungen befragen, sondern auch danach über Art und Weise einer Beschäftigung entscheiden. Diese Arbeitgeberberechtigung wird nun im Nachgang auf andere Branchen ausgedehnt.
Regierung fand Kompromiss zu Impfstatus-Auskunft
Nach langen Kontroversen hat die Regierung nun doch beschlossen, dass Arbeitgeber zum Zweck des Infektionsschutz einen Anspruch auf Auskunft über den Impfstatus ihrer Mitarbeiter im Bereich der Kitas, Schulen und Pflegeheime haben sollen, weil in diesen Einrichtungen
"besonders vulnerable Personengruppen betreut werden oder untergebracht sind beziehungsweise aufgrund der räumlichen Nähe zahlreiche Menschen einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind"
Gesetzgebungsverfahren: Um die Auskunftspflicht zügig in trockene Tücher zu bringen, wird es in das Aufbaugesetz zur Fluthilfe integriert, und am Freitag den 3.9. vom Gesundheitsausschuss des Bundestags beraten, um dann in Sondersitzungen von Bundestag und Bundesrat als Änderung im Infektionsschutzgesetz verabschiedet zu werden.
Eine Auskunftspflicht mit größerer Branchenreichweite, etwa um das Arbeiten im Großraumbüro und Präsenzbesprechungen zu ermöglichen, soll es jedoch weiterhin nicht geben.
Auskunftspflicht stieß auf Gegenwind von Gewerkschaften und Datenschutz
Gegen die Auskunftspflicht formierte sich der Widerstand der der Arbeitnehmerseite. Der Deutsche Gewerkschaftsbund verwies auf den hohen DSGVO-Schutz gerade für sensible Gesundheitsdaten. Auch Datenschützer verwiesen darauf, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine Datenverarbeitung fehlte, da der Impfstatus im Normalfall nicht zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG) sei. Dies kann man allerdings für die nun gewählten Bereiche eher vertreten.
Aktuelle Rechtslage:
Bisher gab es eine Impf-Auskunftspflicht ausschließlich im medizinischen Bereich
Solange es keine öffentlich-rechtlichen Vorgaben zur Corona-Impfung gibt, ist auch die Information des Arbeitnehmers zu seinem Impfstatus freiwillig. Diesbezügliche Gesundheitsdaten dürfen nur mit Einwilligung des Beschäftigten verarbeitet werden (Art. 7 Abs. 4 DSGVO). An die Gesundheitsdatenpreisgabe dürfen zudem keine Vor- oder Nachteile geknüpft sein.
Nur ausnahmsweise existierte eine Auskunftspflicht zum Impfstatus
- im medizinischen Bereich gem. § 23a Satz 1 IfSG.
- und, wenn die Impfung eine zwingende Voraussetzung für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit darstellt, etwa wenn bei einer unabdingbaren Auslandsdienstreise der Impfschutz gegen bestimmte Krankheiten zwingende Voraussetzung darstellt, um in das jeweilige Land einzureisen.
Keine öffentlich-rechtliche Corona-Impfpflicht beabsichtigt und rechtlich schwierig
Die Einführung einer Impfpflicht ist auch nicht beabsichtigt. Die Voraussetzungen hierfür sind nach Meinung des Kabinetts in verschiedener Hinsicht nicht gegeben. Insbesondere fehlt es an ausreichenden Studien über die Langzeitwirksamkeit der verschiedenen Impfstoffe sowie hinsichtlich möglicher Langzeitnebenwirkungen.
- Die Einführung einer Impfpflicht stellt als Eingriff in die durch Art. 2 GG geschützte körperliche Unversehrtheit hohe Anforderungen an die Begründung einer solchen Zwangsimpfung.
- § 20 Abs. 6 IfSG bestimmt, dass bei bestimmten übertragbaren Krankheiten mit klinisch schweren Verläufen, bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen teilzunehmen haben.
- Zur Festlegung einer solchen Maßnahme ist ausdrücklich die Zustimmung des Bundesrates erforderlich.
2019 haben Bund und Länder eine solche Impfpflicht gegen Masern in indirekter Form dadurch eingeführt, dass die Masernimpfung Voraussetzung für den Besuch öffentlicher Kindertagesstätten oder Schulen ist. (Vgl. Der EGMR hält nationalen Impfpflicht für zulässig).
Impfpflicht und Arbeitsrecht
Kommt eine indirekte Impfpflicht auf manche Berufe zu oder gar, wie z.B. in Frankreich für medizinische Berufe direkte Impfpflicht zu? Die Regierung lehnt die Pflicht zu solchen Pflichten aktuell ab. Sie könnte aber zumindest mittelbar aus dem Arbeitsrecht folgen, um etwa der Fürsorgepflicht gegenüber der Belegschaft oder den Erfordernissen einzelner Arbeitsplätze Rechnung zu tragen.
In der FAZ führte etwa Marcus Jung aus, Abmahnungen wegen Impfverweigerung würden an einer fehlenden gesetzlichen Impfpflicht scheitern. Bonuszahlungen für sich impfen Lassende seien dagegen zulässig. Für Ärzt*innen und in der Krankenpflege dagegen könne das Verweigern einer Corona-Impfung eine unbezahlte Freistellung rechtfertigen.
Mittelbare Impfpflicht für Gesundheitswesen und Pflege?
Für den Fall, dass es für Nichtgeimpfte keine Einsatzmöglichkeiten durch den Arbeitgeber mehr gibt, kommt laut Prof. Giesen von der Ludwig-Maximilians-Universität München als äußerste Konsequenz selbst eine personenbedingte Kündigung in Betracht.
Da laut § 23a IfSG Arbeitgeber in Kliniken, Arztpraxen und Pflegediensten bei ihre Angestellten je nach Impfstatus „über Art und Weise einer Beschäftigung “ entscheiden können, wäre in der Pandemie, wenn keine freien Stellen für ungeimpfte Mitarbeiter existieren , auf die sie versetzen werden können, u. U. eine Kündigung eine Option. Dafür spräche insbesondere, dass sich Arbeitgeber, die ungeimpfte Mitarbeiter im Umgang mit Patienten einsetzten, sich wegen Körperverletzung schadensersatzpflichtig machen können.
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