Testament auf Zettel – ernsthafter Testierwille oder bloß ein Entwurf?
Die im Alter von 102 Jahren verstorbene Erblasserin hinterließ eine Tochter sowie vier Enkel, die Kinder ihres im Jahr 2009 vorverstorbenen Sohn. Der Nachlass bestand hauptsächlich aus einem Hausgrundstück im Wert von ca. 140.000 EUR.
Erbschein beantragt
Einer der Enkel beantragte im Jahr 2014 die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und seine Geschwister als Miterben zu je ¼ ausweisen sollte. Diese vertraten die Auffassung, dass ihr verstorbener Vater aufgrund eines von der Erblasserin im Jahr 1986 verfassten Testamentes zum Alleinerben eingesetzt worden sei. Gleichzeitig legten sie zwei Schriftstücke als Testamente vor.
Schmierzettel ohne rechtlichen Bindungswillen?
Bei den Testamenten handelte es sich zum einen um einen ausgeschnittenen Zettel mit der handschriftlichen Aufschrift „Tesemt“, „Haus“, „ Das für J“. Darunter befanden sich die Jahreszahl 1986 sowie der Nachname der Erblasserin. Bei dem zweiten Schriftstück handelte es ich um ein mehrfach gefaltetes Pergamentpapier mit fast identischen Angaben. Ferner war auf diesem Schriftstück ein kleiner Schlüssel mit Klebefilm befestigt.
OLG Hamm: Bloße Testamententwürfe reichen nicht aus
Das Nachlassgericht Lübbecke hatte den Erbscheinsantrag zurückgewiesen, da die Schriftstücke nicht mit erforderlicher Sicherheit als wirksame Testamente anzusehen seien.
Auch eine Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das OLG Hamm führte in seiner Begründung aus,
- dass ein Testament nur dann wirksam sei, wenn der Erblasser eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollte.
- Liegen Zweifel hinsichtlich eines endgültigen Testierwillens vor, welche sich u.a. aus ungewöhnlichen Schreibunterlagen oder der inhaltlichen Gestaltung ergeben können, müsse stets geprüft werden, ob es sich nicht nur um einen Testamentsentwurf handle.
Auch ungewöhnlicher Aufbewahrungsort spricht gegen ein Testament
Erhebliche Zweifel eines ernstlichen Testierwillens ergeben sich nach Ansicht des Gerichts bereits aus dem Umstand, dass das Testament nicht auf einem üblichen Stück Papier geschrieben wurde. Darüber hinaus enthielt es, obwohl die Erblasserin der deutschen Sprache hinreichend beherrschte, gravierende Rechtsschreibfehler. Zudem waren die Zettel nicht gesondert aufbewahrt worden, sondern in einer Schatuelle zwischen wichtigen und unwichtigen Papieren gefunden worden.
Auch sei nicht nachvollziehbar, warum sie im gleichen Jahr nahezu zwei identische Testamente errichtet haben soll.
(OLG Hamm, Urteil v. 27.11.2015, 10 W 153/15).
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