Übernachtungen beim Kindesvater entsprechen dem Kindeswohl
Das Familiengericht hatte das Umgangsrecht für den am 29.08.2009 geborenen Sohn des Antragstellers sehr detailliert geregelt. Unter anderem hat das Familiengericht den Vater verpflichtet und berechtigt, mit seinem Sohn zunächst im dreiwöchigen, später im zweiwöchigen Rhythmus von Samstagmorgen auf Sonntagnachmittag bzw. Sonntagabend einschließlich Übernachtung zusammen zu sein. Hiergegen hat die Mutter Beschwerde eingelegt mit der Begründung, der Kindesvater konsumiere regelmäßig Alkohol und Drogen.
Umgangsrecht unter Schutz des Grundgesetzes
Das OLG betont in seiner Entscheidung, dass nicht nur die elterliche Sorge sondern auch das Umgangsrecht eines Elternteils unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG stehen (OLG Saarbrücken, Beschluss v 12.07.2010, 6 UF 32/10). Mit diesem Umgangsrecht korrespondiere auf der anderen Seite das Recht des Kindes auf Umgang mit jedem Elternteil gemäß § 1684 Abs. 1 BGB.
Bei Streit entscheidet allein das Kindeswohl
Nach Auffassung des OLG kann in den Fällen, in denen die leiblichen Eltern sich über den Inhalt einer Umgangsregelung nicht einigen können, allein das Wohl des Kindes den Ausschlag über eine zu treffende Umgangsregelung geben. Hierbei seien sowohl das Interesse des Kindes an einer Aufrechterhaltung der Beziehung zu beiden Elternteilen, die Vertrautheit des Kindes mit diesen, die Betreuungsmöglichkeiten des Umgangsberechtigten und insbesondere auch die Belastbarkeit des Kindes entscheidende Abwägungsgesichtspunkte. Alkohol und Drogenmissbrauch des Umgangsberechtigten könnten bei dieser Abwägung unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung des Kindeswohls eine entscheidende Rolle spielen.
Übernachtung kann grundsätzlich ausgeschlossen werden
Der OLG Senats betonte, dass der Ausschluss von Übernachtungskontakten generell durchaus in Betracht komme. Grundsätzlich entspreche ein Umgangsrecht auch ohne Übernachtungsmöglichkeit noch den gesetzlichen Anforderungen (OLG Saarbrücken, Beschluss v 06.09. 2012, 6 UF 33/12). Allerdings bedürfe der Ausschluss von Übernachtungen einer besonderen Rechtfertigung, da auch die Übernachtung beim Kindesvater dazu beitrage, dass die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil gefestigt werde und das Kind diesen nicht ausschließlich als „Sonntags-Elternteil“ erlebe.
Gericht muss Sachverhalt von Amts wegen aufklären
Nach Auffassung des OLG hat das Gericht der Behauptung von Drogen-und Alkoholmissbrauch grundsätzlich nachzugehen. Hierbei habe das Gericht von Amts wegen die entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen, Ermittlungen durchzuführen und Beweise zu erheben. Der Umfang der Aufklärungspflicht richte sich nach der Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung der von einer Partei geäußerten Gefahrenmomente. Behauptungen lediglich „ins Blaue hinein“, die erkennbar dazu dienten, das Umgangsrecht des anderen Teils zu beschränken, müsse nicht nachgegangen werden, wenn diese offensichtlich haltlos seien. Vorliegend sei durch ein Gutachten belegt, dass die behaupteten Alkohol-und Drogenprobleme des Kindesvaters mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich nicht vorlägen. Die Kindesmutter habe nicht einen einzigen konkreten Fall von Alkohol und Drogenkonsum vorgebracht, der der Widerlegung durch den Vater zugänglich sei. Auch beim Vater durchgeführte Blut-und Haaranalysen hätten den Verdacht in keiner Weise bestätigt. Weitere Ermittlungen seien daher nicht erforderlich und sogar unverhältnismäßig (OLG Köln, Beschluss v 12. 03.2012,4 UF 235/11).
Alter des Kindes ist für Übernachtungen nicht maßgeblich
Das OLG wies ausdrücklich darauf hin, dass das Alter des Kindes kein maßgebliches Kriterium für die Frage der Zulassung von Übernachtungskntakten sei. Auch sehr kleine Kinder dürften grundsätzlich bei dem anderen Elternteil übernachten. Dies diene einer positiven Entwicklung eines Kindes. Dieses dürfe nicht unter eine „Schutzglocke“ gelegt werden, um ihm jedwede familiären Auseinandersetzungen zu ersparen. Eine solche überbehütete Versorgung diene nicht dem Kindeswohl. Vorliegend sah das Gericht daher keinerlei Gründe, den Übernachtungskontakt zu untersagen.
(OLG Saarbrücken, Beschluss v 23.1.2013, 6 UF 20/13).
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