Mietwohnungen sind in Berlin heiß begehrt – gut für Vermieter
In Berlin wurden im Jahr 2023 nach Zahlen des Immobilienberaters Colliers rund 15.900 neue Wohnungen genehmigt, das ist ein Rückgang von 6,4 Prozent im Vergleich zu 2022 mit rund 17.000 Wohnungen. 2016 erreichten die Genehmigungen mit rund 25.000 Wohnungen den bisherigen Höchstwert, seitdem sinken die Zahlen kontinuierlich und neuer Wohnraum wird knapp, was zu deutlichen Anstiegen bei den Angebotsmieten führt – sowohl im Bestand als auch im Neubau.
In Berlin-Mitte steigen die Mieten um 13 Prozent
Die durchschnittliche Miete bei Bestandswohnungen ist laut Colliers im Jahresvergleich von 13,90 Euro pro Quadratmeter (viertes Quartal 2022) auf 15,90 Euro pro Quadratmeter (viertes Quartal 2023) gestiegen. Im Neubau stieg der Quadratmeterpreis in diesem Zeitraum von 19 Euro auf 20,80 Euro.
Dabei gibt es zwischen den einzelnen Bezirken erhebliche Unterschiede in der Mietpreisentwicklung im Bestand. Am stärksten waren die Zuwächse 2023 in Mitte (plus 13,1 Prozent), in Lichtenberg (plus 11,4 Prozent) und in Marzahn-Hellersdorf (plus 10,4 Prozent). Dagegen sind die Wohnungsmieten in Steglitz-Zehlendorf (minus 2,2 Prozent), Neukölln (minus 4,5 Prozent) und in Spandau (plus 0,1 Prozent) im Jahresverlauf gefallen beziehungsweise stagnierten.
Mehr Einzimmerwohnungen auf dem Berliner Markt
Die Angebotsstruktur auf dem Mietwohnungsmarkt lässt Colliers zufolge einen weiterhin hohen Anteil möblierter und gewerblicher Angebote erkennen. Sonstiges Wohnen – dazu zählen möblierte Wohnungen, Kleinwohnungen und Wohnungen mit ein bis zwei Zimmern gewerblicher Anbieter sowie Co-Living-Angebote – geht gegenüber dem Vorjahr (49,7 Prozent) zwar leicht zurück, macht aber immer noch 42,5 Prozent der Angebote aus.
Die Zahl der Angebote für klassische Einzimmerwohnungen ist gegenüber dem Vorjahr um 8,5 Prozent gestiegen, die Angebote für Mehrzimmerwohnungen legten leicht um 6,7 Prozent zu.
Preise für Eigentumswohnungen fallen
Auf dem Markt für Eigentumswohnungen registriert Colliers einen Rückgang der Angebotspreise. Der Durchschnittspreis für ein Bestandsobjekt sank von rund 5.800 Euro pro Quadratmeter im vierten Quartal 2022 auf 5.660 Euro pro Quadratmeter Ende 2023. Bei neugebauten Wohnungen ist der Durchschnittspreis von 8.430 Euro pro Quadratmeter auf rund 8.210 Euro pro Quadratmeter gefallen.
Bei den Kaufpreisen gab es zwischen den Bezirken erhebliche Differenzen bei Neubauten: In Neukölln stiegen die Kaufpreise am deutlichsten um 17,7 Prozent, gefolgt von Marzahn-Hellersdorf (plus 7,17 Prozent). Die größten Preisrückgänge gab es in den Bezirken Mitte (minus 9,95 Prozent), Spandau (minus 9,82 Prozent) und Charlottenburg-Wilmersdorf (minus 6,87 Prozent).
Mietwohnungen in Berlin: Zahlungsbereitschaft steigt
Was diese Zahlen für die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes und die Wohnungssuche bedeutet, darüber diskutierten Kemal Zeyveli (Regional Manager bei Colliers in Berlin), Sascha Nöske (Vorstandsvorsitzender der Strategis AG), Lars Vandrei (Senior Research bei Catella Residential Investment Management) und Saidah Bojens (Niederlassungsleiterin Berlin und Sachsen bei Instone Real Estate Development GmbH).
Nach Einschätzung von Nöske sorgt das knappe Angebot an Mietwohnungen dafür, dass sich die Grenze der Zahlungsbereitschaft bei vielen Wohnungssuchenden nach oben bewegt. Auch Kaltmieten jenseits von 20 Euro pro Quadratmeter würden im Neubau insbesondere in Zentrumslagen bezahlt. "Wie andernorts auch, bemühen wir uns in Berlin, neue Wohnungen zu durchschnittlichen Marktmieten mit möglichst geringen Betriebskosten verfügbar zu machen", fügte Vandrei hinzu.
Experten: Berlins Zukunft sind flexible Wohnformen
Die spürbaren Rückgänge bei Umsätzen und Preisen für Eigentumswohnungen führt Bojens auf die teuren Finanzierungen zurück: "Die momentane Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt wird nicht nur durch zu wenig Neubau geprägt, sondern auch durch die erschwerte Finanzierbarkeit beim Kauf von Eigentumswohnungen." Das dränge investitionswillige Haushalte vermehrt in den Mietsektor und treibt dort Nachfrage und Preise an.
Trotz zunehmender Abwanderung ins Umland wird die Zukunft des Berliner Wohnungsmarktes nach Ansicht der Teilnehmer durch die Knappheit des Mietangebotes und die Ausdifferenzierung des Angebotes bestimmt. "Der Wohnungsbau bricht drastisch ein", so Zeyveli. Die realen Auswirkungen des Rückgangs bei den Genehmigungen dürften sich bei den Fertigstellungen erst in zwei bis drei Jahren zeigen: "Und eine Besserung ist bislang nicht in Sicht."
Für die Wiederbelebung seien verlässliche Maßnahmen der Politik essenziell, so Nöske. Eine Sonder-AfA für den Wohnungsneubau könnte spürbar Anreize für mehr Investitionen schaffen. Vandrei sieht in Berlin darüber hinaus "eine große Zukunft für flexible Wohnformen".
Bürgermeister wirbt für Wohnungen auf Tempelhofer Feld
In der Zwischenzeit wirbt Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner weiter für eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes mit Wohnungen. Er könne den Berlinern nicht erklären, dass er Innenhöfe bebauen müsse, aber eine Riesenfläche freihalte, sagte der CDU-Politiker am 26. Februar bei einer Diskussion mit Bürgern im Bezirk Charlottenburg. "Das ist sozial nicht gerecht."
Die schnellstmögliche Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum sei eine der wichtigsten sozialen Frage dieser Stadt. Dazu müssten die vorhandenen Potenziale an Flächen genutzt werden. Nötig ist aus Wegners Sicht eine "echte Stadtdebatte um die Zukunft des Tempelhofer Feldes" – Frei- und Erholungsflächen würden erhalten bleiben, die größer seien als der Central Park in New York, sagte er.
Bei einem Volksentscheid 2014 hatte eine Mehrheit dafür gestimmt, das frühere Flughafenareal in Tempelhof nicht zu bebauen. Inzwischen wird angesichts der Wohnungsnot in der Stadt darüber neu diskutiert. Der schwarz-rote Senat plant einen internationalen Ideenwettbewerb und eine Bürgerwerkstatt dazu. Ob es zu einer Randbebauung einen neuen Volksentscheid oder eine andere Form der Befragung geben wird, ist noch offen.
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