Ampel-Aus – die Folgen für die Immobilienbranche
Die Ampel ist Geschichte – aber Kanzler Olaf Scholz (SPD) will alle Gesetzesentwürfe, die "keinerlei Aufschub" dulden, trotzdem noch bis Weihnachten durchs Parlament bringen. Viele Vorhaben betreffen die Immobilienbranche. So sind unter anderem die Novelle des Baugesetzbuchs und der Gebäudetyp E sowie die Verlängerung der Mietpreisbremse und steuerliche Regelungen noch nicht in Kraft.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, er würde eine Zusammenarbeit mit der Union begrüßen. Nach einem Gespräch zwischen Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) und Scholz hieß es, die Union sei jederzeit bereit, über Gesetze zu sprechen, aber erst, wenn vom Bundeskanzler die Vertrauensfrage gestellt worden sei. Scholz will aber am Zeitplan Mitte Januar 2025 festhalten, im März könnte es dann Neuwahlen geben.
Viele Projekte hatte der nun entlassene Finanzminister Christian Lindner (FDP) maßgeblich vorangetrieben. Scholz und Habeck könnten darauf setzen, dass die Liberalen Vorhaben zustimmen, die sie für richtig halten, hieß es dort. Die Koalition ist maßgeblich wegen eines Streits um die Schließung von Milliardenlücken im Haushalt zerbrochen.
Haushaltsperre: Fördermittel im Wohnungsbau
Der Bundestag muss für das laufende Jahr noch einen Nachtragshaushalt beschließen – der steht nun auf der Kippe. Die FDP machte schon deutlich, dass sie dem bisher vorliegenden Entwurf nicht zustimmen kann.
Im Sommer hatte die Koalition angekündigt, dass sie einige Milliarden aus zusätzlichen Krediten braucht, um geringere Steuereinnahmen, höhere Ausgaben und höhere Kosten etwa zur Förderung der erneuerbaren Energien auszugleichen. Ohne die Mittel könnte für manches Anliegen schlicht kein Geld mehr da sein. Es droht eine Haushaltssperre zum Beispiel bei Fördermitteln im Wohnungsbau, bei der Mobilität und bei Bauvorhaben.
Der Bundesrechnungshof hat gerade die Bundesregierung aufgefordert, nicht genutzte Mittel für die Gaspreisbremse nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung zu verwenden. "Da die nicht benötigten Mittel aus Notlagenkrediten finanziert wurden, müssen sie zu deren Tilgung genutzt werden", heißt es in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags. Konkret geht es um 4,7 Milliarden Euro.
Auch wann ein Etat 2025 beschlossen wird, ist völlig offen. Daran hängen ebenfalls Förderprogramme, unter anderem für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen.
Immobilienbranche zum Ampel-Aus
Auf die Umsetzung mietrechtlicher Gesetzesvorhaben, wie die Verlängerung der Mietpreisbremse, appellierte an die verbliebene Regierung der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten.
Die Immobilienwirtschaft warnte davor, laufende politische Vorhaben auf Stopp zu setzen. Bei drängenden Themen wie Wohnen könne sich Deutschland definitiv keine Auszeit erlauben, sagte Iris Schöberl, Präsidentin beim Zentralen Immobilien Ausschuss (ZIA). Auch, wenn Deutschland für einige Monate von einer Minderheitsregierung geführt werde, sei es wichtig, dass Schlüsselthemen verlässlich fortgesetzt würden.
Die Bundesregierung habe mit der KfW-Förderung für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment (KNN) und den geplanten Erleichterungen im Baugesetzbuch die richtige Richtung eingeschlagen. Jetzt gehe es darum, diesen Kurs fortzusetzen, damit Investoren Wohnungen bauen. Um die energetische Sanierung der Gebäude voranzutreiben, brauche es die Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Es wäre verantwortungslos, faktisch schon getroffenen Zusagen auch für das Jahr 2025 jetzt aufzukündigen, sagte die ZIA-Präsidentin. "Das Land verliere ohnehin gerade ökonomisch an Boden. Monatelange Ungewissheit wäre für die Wirtschaft brandgefährlich."
"Je eher die Vertrauensfrage gestellt wird und damit der Weg für Neuwahlen und dann eine hoffentlich stabile Regierung geebnet wird, desto besser ist es für alle zu treffenden Investitionsentscheidungen", ergänzte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW.
Plädoyers für schnelle Neuwahlen
"Das Ampel-Aus darf nicht zu Lasten der weiter notwendigen Investitionsmaßnahmen gehen", sagte auch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Eine nun drohende vorläufige Haushaltsführung bedeute weniger Sicherheit und Planbarkeit. Nichts schade einer Investitionsbranche wie der Bauwirtschaft mehr als unklare Rahmenbedingungen.
Auch der angeschlagene Wohnungsbau sei darauf angewiesen. "Die Menschen, die bauen wollen und Förderungen dafür benötigen, dürfen nicht enttäuscht werden", so Pakleppa. Jeder weitere Förderstopp hätte fatale Auswirkungen. "Wir haben das Förderchaos 2022 erlebt und die Folgen spüren wir heute noch. Die Konjunktur darf insgesamt auf keinen Fall noch weiter abgewürgt werden." Je früher Klarheit herrsche, umso besser. Wenn das nicht gelingen sollte, seien frühere Neuwahlen der bessere Weg.
"Deutschland braucht eine stabile und handlungsfähige Regierung und das war die Ampel in den vergangenen Monaten immer weniger", heißt es in einem ein Statement von Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG. Auch wenn die Immobilienbranche eine nachgelagerte Branche sei, sei sie letztlich abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. "Wir brauchen eine Politik, die konsequent auf Wirtschaftswachstum setzt." Wenn die Wirtschaft gut laufe und ausreichend Einnahmen vorhanden seien, könnten andere wichtige Ziele angegangen und Maßnahmen finanziert werden – wie beispielsweise beim Klimaschutz oder beim bezahlbaren Wohnen.
Breaking-News zum Ampel-Ende: Wie geht es weiter?
Am 8. November wurde bekannt, dass Wirtschaftsminister Habeck Grünen-Kanzler werden will, während sich CDU-Kandidat Merz bei einem Wahlsieg Lindner als Finanzminister ins Team holen würde. Der von Scholz am 6. November entlassene Lindner sagte im ZDF: "Das ist mein Ziel, denn ich trete jetzt für den nächsten Deutschen Bundestag an." Und das Ziel sei nicht Opposition.
Der CSU-Vorsitzende Markus Söder kündigte an, dass er die Kanzlerschaft von Scholz nicht mit Stimmen der Unionsfraktion verlängern wolle. In der ARD-Sendung "Maischberger" sprach er sich dagegen aus, "irgendwelche Ampel-Projekte, die nicht mal in der Ampel eine Mehrheit haben, künstlich durchzuwinken". Da die verbliebenen Koalitionsparteien SPD und Grüne keine eigene Mehrheit mehr haben, sind sie darauf angewiesen.
Söder forderte eine möglichst frühe Neuwahl. Eine Verzögerung schwäche das Land fundamental, warnte der bayerische Ministerpräsident. "Rasche Neuwahlen könnten dazu führen, dass zum Zeitpunkt, wo Donald Trump sein Amt antritt, wir eine neue Regierung zumindest neu gewählt hätten."
"Es bleibt zu hoffen, dass die verbleibenden Teile der Ampel und die Opposition bis zu den Neuwahlen ihrer Verantwortung gerecht werden und die Handlungserfordernisse erkennen. Das Land steht im Vordergrund", mahnte Michael Hüther, Direktor beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln an. Die vordringlichste Aufgabe in den kommenden Monaten müsse die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2025 sein, sonst werde der Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft noch größer.
Dass Scholz' Minderheitsregierung einen Haushaltsbeschluss durchbringt, ist unwahrscheinlich. Das neue Jahr startet also wahrscheinlich mit einer vorläufigen Haushaltsführung, während der man sich auf unerlässliche und dringende Ausgaben beschränken muss. Bei Neuwahlen im März 2025 könnte es bis zum Sommer dauern, bis eine neue Regierung einen Haushalt verabschiedet.
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