Personalauswahl

Egal ob Stellen intern neu besetzt werden oder HR extern nach neuen Mitarbeitenden sucht: Eine professionelle Personalauswahl ist dabei immer Pflicht. Schließlich ist eine falsche Entscheidung an dieser Stelle zeitraubend und teuer – für das Unternehmen und die Kandidatinnen und Kandidaten.

Fehlbesetzungen können fatale Auswirkungen auf die Leistung der Mitarbeitenden und den Erfolg des Unternehmens haben: Die Fluktuationsquote steigt, die Motivation sinkt, die Kosten im Recruiting sind hoch. Teams können keine Routinen ausbilden, wenn sie immer wieder neue Mitarbeitende einarbeiten oder Vakanzen überbrücken müssen. Die Bedeutung der Personalauswahl kann darum nicht hoch genug geschätzt werden.





Personalauswahl: Definition und Bezug zur Eignungsdiagnostik

Personalauswahl umfasst den gesamten Prozess von der Definition des Stellenprofils, über die Analyse der Kandidatinnen und Kandidaten bis hin zur eigentlichen Auswahlentscheidung. Dabei basiert die Analyse – der Abgleich von Anforderungs- und Kandidatenprofil – auf der sehr gut erforschten Eignungsdiagnostik. Sie stellt wissenschaftliche Verfahren zur Verfügung, die eignungsbezogene Erfolgsprognosen ermöglichen und so als Entscheidungshilfen für die Auswahl von Mitarbeitenden dienen. Dafür werden verschiedene Kriterien herangezogen, die eine nachvollziehbare Auswahl ermöglichen – das Gegenteil von meist überbewerteter Menschenkenntnis und Bauchgefühl.

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Der Personalauswahlprozess

Der Personalauswahlprozess beginnt nicht erst mit dem Eingang der Bewerbungen, sondern bereits beim Erstellen eines Anforderungsprofils. Darin wird festgelegt, über welche Qualifikationen und Fähigkeiten mit welcher Ausprägung der neue Mitarbeiter oder die neue Mitarbeiterin verfügen sollte. Es werden also die Erwartungen an Stelle und Person zusammengefasst. Häufig wird hier auch eine Passung zur Unternehmenskultur einbezogen. Auf Grundlage des Anforderungsprofils wird das Personalmarketing in Gang gesetzt – beispielsweise das Schalten einer Stellenanzeige oder auch der Beginn von Active Sourcing.

Dann folgt der Prozess des analytischen Abgleichs der Bewerber-Stellen-Passung. Meist wird anhand der Bewerbungsunterlagen eine Vorauswahl an Kandidatinnen und Kandidaten getroffen, die weitere eignungsdiagnostische Verfahren durchlaufen. Am Ende steht die Entscheidung für einen oder mehrere Kandidaten, die ein Jobangebot erhalten.

Wer ist am Prozess der Personalauswahl beteiligt?

Die Personalabteilung ist im Lead, wenn es um die Erstellung eines Anforderungsprofils und die eignungsdiagnostische Analyse geht. Häufig sichten Personaler die Bewerbungsunterlagen nach vorgegeben Qualifikationen und treffen die Vorauswahl. Fachvorgesetzte werden zumeist bei den weiteren diagnostischen Verfahren, häufig dem Vorstellungsgespräch oder Assessment Center, einbezogen.

In einigen Unternehmen, die auch strukturell stark auf Teamarbeit setzen, findet oft eine Personalauswahl im Team statt. Die Kandidaten und Kandidatinnen sollen so möglichst früh die potenziellen Kollegen und Kolleginnen kennenlernen und das künftige Team soll eigenverantwortlich die Auswahlentscheidung treffen. Hier ist das Know-how von HR gefragt, um eine professionelle Auswahl nach standardisierten Kriterien sicherzustellen. HR sollte mit diagnostischen Fachkenntnissen unterstützen und den gesamten Team-Recruiting-Prozess begleiten. (Lesen Sie dazu auch: "Teamsport Recruiting: Gemeinsam über die Einstellung entscheiden").

Personalauswahlverfahren: Methodenmix entscheidend

Bei der Auswahl der diagnostischen Verfahren gilt stets der Grundsatz der Methodenmischung – in der Psychologie spricht man von einer multimodalen Diagnostik. Drei Verfahrensansätze werden dabei unterschieden:

  1. Biografieorientierte Verfahren: Auf diesem Weg versucht man aus den berufsbezogenen Erfahrungen der Kandidaten und Kandidatinnen auf einen künftigen Berufserfolg zu schließen. Klassische Verfahren sind das Interview oder Vorstellungsgespräch, die Analyse von Bewerbungsunterlagen und die Erfassung biografischer Daten und Verhaltensweisen über Fragebögen.
  2. Eigenschaftsorientierte Verfahren: Hierunter werden alle diagnostischen Verfahren zusammengefasst, die Persönlichkeitseigenschaften sowie die kognitive Leistung erfassen. Dies lässt sich über psychologische Testverfahren messen wie zum Beispiel Persönlichkeitstests oder Intelligenztests. 
  3. Simulationsorientierte Verfahren: Zu dem Simulationsansatz zählen das klassische Assessment Center mit Rollenspielen oder auch "Situational Judgement Tests". Sie erfassen das aktuelle Verhaltenspotenzial der Kandidatinnen und Kandidaten und ermöglichen eine Aussage darüber, wie sich die Bewerbenden wahrscheinlich in einer bestimmten künftigen Arbeitssituation verhalten. 

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Kriterien für passende Personalauswahlverfahren

Um festzulegen, welche diagnostischen Verfahren zur Anwendung kommen, spielen wissenschaftliche Daten zu Reliabilität, Objektivität und Validität der Methoden eine Rolle. Ist eine Methode valide, misst sie wirklich das, was sie vorgibt zu messen. Gerade bei den Testverfahren lassen sich anhand dieser Daten einige unseriöse Verfahren aussortieren. 

Allerdings ist auch zu bedenken, dass sich der Arbeitsmarkt zunehmend zu einem Arbeitnehmermarkt wandelt – sprich: die Unternehmen müssen sich bei den künftigen Mitarbeitenden bewerben. Auch darum sollte bei der Auswahl der Verfahren das Kriterium der sozialen Validität einbezogen werden. Unternehmen müssen also beachten, welche Auswahlverfahren Kandidatinnen und Kandidaten als unangenehm empfinden – und diese vermeiden. Unseriöse Methoden werden von Bewerbenden schnell als untauglich – nach der Augenscheinvalidität – empfunden und wirken besonders abschreckend.